24.12.2004

Christmette / Lesejahr A

Entscheidung zum Leben

Wir sind hier. Mitten in der Nacht. Wir haben gefeiert, gesungen, gebetet, haben uns beschenkt, haben gut gegessen und freuen uns, dass Gott Mensch geworden ist im Kind von Bethlehem.
Wir sind wach geblieben oder wieder aufgestanden um jetzt da zu sein wie die Hirten in jener Nacht vor über 2000 Jahren. Vielen von uns geht es wesentlich anders als den Hirten damals. Die Hirten zählten zu jenen Menschen, die schief angeschaut wurden, die keinen guten Stand in der Gesellschaft hatten. Sie waren einfach gestrickt, Menschen auf deren Wort niemand etwas gegeben hätte.
Diesen Menschen wurde der Himmel geöffnet. Mitten in ihrer Dunkelheit, mitten in ihrer Unbehaustheit auf freiem Feld wurden sie zu Zeugen und Bezeugern, dass Friede auf Erden möglich ist …. Durch ein Kind, durch ein hilflos ausgeliefertes Bündel Mensch - "Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll." Der Himmel ging über ihnen auf und ihnen wurde warm ums Herz und sie begriffen: Durch dieses Kind ist die Herrlichkeit Gottes zu uns gekommen und Friede ist bei den Menschen möglich, die in der Einfachheit eines Neugeborenen leben.
Diesbezüglich hat sich über die letzten 2000 Jahre nicht viel verändert. Wahrer Friede wird nur dort lebendig, wo Menschen alles loslassen, wo Menschen sich der Angst ausliefern, wo sie ihre Waffen abgeben, wo sie ihre Sicherheiten aufgeben und ihre Versicherungen kündigen, wenn sie in der Lage sind den Himmel offen zu sehen und spüren: Friede ist bei den Menschen auf der Erde wenn sie mit ihren Mitmenschen neu beginnen - so wie Gott als Kind im Stall zu Bethlehem.
Wir alle sehen es Tag für Tag wie Menschen sich um den Frieden mühen und wie er ihnen zwischen den Finger zerrinnt. Egal ob es Staatsoberhäupter sind, die versuchen mit der Gewalt ihrer Armeen durch das Töten Tausender von Menschen Frieden zu erzwingen, ob es Befreiungskämpfer sind, die durch gezielte Bombenanschläge auf ihre Art Frieden machen wollen, ob es Ehepartner, Arbeitskollegen, Mitschüler sind die sich keine Blöße geben wollen und meinen wenn sie stark dastehen, dann werden sie von den anderen besser angenommen.
So lange Menschen immer strebsam nach vorne schauen, so lange sie nicht bereit sind ihre eigenen Dunkelheiten, ihre eigene Angst anzuschauen werden sie den Himmel nicht offen sehen. Erst durch den offenen Himmel wird uns jene Kraft und Einsicht zuteil, die uns an der Krippe niederknien lässt, die uns erkennen lässt: in der Schwachheit und Hilflosigkeit eines Kindes kann wahrer Friede keimen und zu einer neuen Hoffnung für viele Menschen heranreifen.
Dann beginnen Menschen ihre Waffen einzuschmelzen, ihre Minenfelder zu räumen, ihre Truppen abzurüsten, ihre Stärken nur zusammen mit ihren Schwächen zu zeigen, dann können Menschen mit all ihrer Verschiedenheit gleichwertig am Tisch sitzen und das selbe Brot essen, dann feiern wir wahrhaft Eucharistie, dann haben wir begriffen was Gott mit uns Menschen vor hat.