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Lk 12,13-21
Koh 1,1-3; 2,1-23
Kol 3,1-11
18 Sonntag im JK / Lesejahr C
Lebenssinn und Kapital
Drei Texte und alle beschäftigen sich auf ihre Art mit der Haltung des Menschen zum Kapitalismus.
Bei Kohelet ist das Fragen nach dem Sinn von Besitz und Wissen im Vordergrund, wo wir angesichts des Todes das alles nicht mitnehmen können. Eine Antwort auf die Fragen bleibt aus.
Bei Paulus sind die Linien bereits sehr klar gezogen. Kapitalismus ist Götzendienst und somit für einen Menschen, der sich für Christus entschieden hat, nicht zu akzeptieren. Bei Paulus und im Evangelium ist von Habgier und Habsucht die Rede. Die Gier viel zu haben wird zur Sucht – wann habe ich genug? Die Menschheitsgeschichte zeigt es sehr deutlich: Habgier und Habsucht, heute nennen wir es beschönigend Kapitalismus, haben noch niemanden glücklich gemacht.
Im Evangelium heißt es: Der Sinn des Lebens besteht nicht in der Anhäufung von Vermögen und einem Leben im Überfluss.
Wir leben im Überfluss!
Der Überfluss auf einer Seite hat einen Mangel auf anderen Seiten zur Folge. Das wissen wir und doch ist es uns nicht präsent. Wir werden nicht darüber informiert, damit wir ruhiger schlafen können. Dieses Problem gibt es in den Massenmedien nicht. Dort ist nur von den Reichen die Rede und von ihrer Angst, dass ihr Reichtum heuer oder nächstes Jahr etwas langsamer größer werden könnte. Und immer wieder wird die Angst geschürt vor den Ausländern, die kommen und unsere Brösel unter dem Tisch aufsammeln. – Schließlich könnten sie einmal auf den Tisch langen und etwas von dem nehmen, das wir ihnen weggenommen haben.
Natürlich hat niemand von uns jemanden etwas weggenommen. Das würden wir tatsächlich nicht tun. Das machen andere für uns, ohne dass es uns bewusst ist. Unsere Finanzhäuser sind klinisch sauber. Tränen und Blut fließen hinter unsichtbaren sozialen und wirtschaftlichen Grenzen. Am sauberen Tisch höhere Zinssätze und Renditen zu erhandeln oder zu erpressen gilt als ein sauberes Geschäft. Es muss wohl so sein – zumindest sprechen einige Beispiele für sich:
Seit 1985 haben sich die Umsätze im Devisen- und internationalen Wertpapierhandel mehr als verzehnfacht. Während eines durchschnittlichen Handelstages wechseln heute Währungsbestände im Wert von rund 1,5 Billionen Dollar den Besitzer. Diese Summe entspricht annähernd dem Gegenwert der gesamten Jahresleistung der deutschen Wirtschaft. In der gleichen Höhe bewegen sich die Umsätze mit Aktien, Konzernanleihen und staatlichen Schuldpapieren (aus Globalisierungsfalle).
Wussten sie, dass 447 Millionäre einen Reichtum anhäufen, der größer ist als das jährliche Einkommen der Hälfte der Menschheit.
Wussten sie, dass sich in den letzten fünfzig Jahren die Zahl der Reichen auf der Welt verdoppelt, die Zahl der Armen hat sich aber verdreifacht hat?
Wussten sie, dass die Armut auf der Welt jedes Jahr mehr Menschen tötet, als im 2. Weltkrieg getötet wurden – und das waren viel zu viele (aus „Die Füße nach oben" von Eduardo Galeano).
Dieser Katalog des Grauens ließe sich unendlich lange fortführen, doch dazu haben wir uns heute nicht versammelt. Ich wollte damit nur die Eindringlichkeit und Aktualität der Botschaft Jesu in unserer Zeit unterstreichen.
Jesus ist niemand etwas neidig. Wenn man heutzutage über Reichtum und Besitz kritische Äußerungen macht, wird einem gleich unterstellt neidig zu sein. Habgier, Habsucht, Kapitalismus verstoßen gegen die Regeln der Liebe. Sie entziehen vielen Menschen die Lebensgrundlage. Sie selbst gehen am Sinn des Lebens, nämlich ein liebender und zugleich liebenswerter Mensch zu sein, vorbei. Kapitalismus ist ein Antibiotikum – ein Lebensvernichter! Wir sind getauft zum Leben. Darum lasst und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dem Leben dienen – heute, morgen und alle Tage unseres Lebens.